Nachbarn

In Zeiten von Homeoffice ist es unumgänglich mal mitzubekommen, was den ganzen Tag in einem Mehrfamilienhaus so abgeht.
Nachbarn – Menschen mit denen man Tür an Tür wohnt und sie doch meistens nicht wirklich kennt. Bei uns im Haus wohnen 14 Parteien. Bunt gemixt von Singles, Pärchen bis hin zur Grossfamilie mit 5 Kindern. Sagt man da schon Grossfamilie?
Mein Hund und ich wohnen im Erdgeschoss, mit einem kleinen Garten. Zwangsweise kriegt man meistens mit wer so kommt und geht, wer wieder seine Liebschaften zu Besuch hat, welche Kinder mit wem spielen und welche Kinder sich gerade mal wieder verkracht haben.
Im Großen und Ganzen ist es eher ruhig und die Kinder sind meistens freundlich. Meistens…
Wir haben u.a. eine Familie im Haus, Mama, Papa, grosse Tochter, zwei kleinere Jungs, Baby unterwegs. Die beiden Jungs haben es Faustdick hinter den Ohren. Und sie wissen ganz genau, dass sie niedlich sind. Allerdings haben sie die Rechnung ohne mich gemacht.
Grundsätzlich bin ich ein friedlicher Mensch und Kinder sollen Kinder sein! Die dürfen auch mal laut sein und spielen sollen sie ja auch. Allerdings hört mein Verständnis auf, wenn sie den Respekt verlieren.
Wenn die Eingangstür nur noch getreten wird – ich meine, was kann die Tür dafür, wenn sie abgeschlossen wird und nicht aufgeht, deshalb muss man sie ja noch lange nicht treten, oder?
Wenn die Briefkästen geboxt werden oder der Inhalt von fremden Briefkästen, auch wenn es nur Werbung ist, einfach um die Briefkästen herum verstreut wird. Was soll das? Habt ihr keine Eltern, die Euch beibringen, dass man das nicht macht? Was habt ihr kleinen haarigen Biester an meinem Briefkasten zu suchen?
Wäre ich nicht im Homeoffice, würde ich das ja gar nicht mitbekommen. Von daher lass ich auch oft 5 gerade sein. Vor ein paar Tagen ist mir allerdings die Hutschnur geplatzt… ich sitze am Computer, weiss nicht recht wie ich sitzen soll, da mich am Tag zuvor ein Hexenschuss etwas ausser Gefecht gesetzt hat und stehe auf um ein paar Schritte hin und her zu laufen. Bewegung ist wichtig und auch wenn es etwas weh tut, merke ich wie sich meine Knochen, Sehnen, Bänder, Muskeln und was da sonst alles noch so ist, an die Bewegung gewöhnen und es mir gut tut.
Vor meinen Bodentiefen Fenstern sind grosse Kieselsteine gelegt. Sieht schön aus, verhindert Unkraut und muss man nicht mähen, im Gegensatz zu Rasen. Demnach hört man auch wenn da jemand rüber läuft. Es ist nicht mega lauft aber man hört es halt. Um meine Privatsphäre zu erhöhen habe ich kurz nach meinem Einzug Sichtschutzfolien auf die Fenster geklebt, so ist die Klarsicht nach draussen nur an den kleinen Spalten an der Seite möglich.
Ich war also mit meinem Hexenschuss beschäftigt und hörte Schritte auf den Steinen. Ich sah automatisch Richtung Eingangstür und sah zwei kleine Schatten bei dem einen Fenster. Dann hörte es sich so an als ob jemand mit einem Wasserschlauch leicht gegen die Wand spritzt. Es kam eindeutig aus der Richtung der kleinen Schatten. Ich schaute durch den kleinen Spalt an der Seite der Sichtschutzfolie und dachte ich steh im Wald. Die beiden kleinen Nachbars-Jungs pinkelten fröhlich in die Ecke meines Fensters. Ausser mir vor Entsetzen und Unverständnis riss ich das Fenster auf und schrie los «DAS GLAUB ICH JA WOHL NICHT! SPINNT IHR EIGENTLICH?» Vier gross aufgerissene Augen starrten mich an. Ich knallte die Tür zu und rannte wutentbrannt zur Nachbarin – Mutter der Jungs, klingelte und hämmerte gegen die Tür. Leider spricht die gute Frau nur sehr schlecht Deutsch aber Englisch kann sie «Your boys peed on my window! This is soooo… sooo… soooo… I really don’t know what to say…»
Man bedenke: ich mit Hexenschuss, aufgeregt über die Dreistigkeit der Kinder versuchte irgendwie der Mutter mitzuteilen wie kacke ich ihre Kinder in diesem Moment fand – auf Englisch. Normalerweise kann ich Englisch, nicht perfekt aber soweit, dass ich noch sagen kann, wenn mir etwas nicht passt…
Wieder schauten mich grosse Augen an. «They peed?» Ich: «YES!»
Und ich dachte nur, ‘Alte! Du musst jetzt eskalieren und kannst nicht einfach nur da so rum stehen!!?’
Wieder sie, sehr ungläubig (wäre ich wahrscheinlich auch gewesen, wenn meine Nachbarin einfach so vor der Tür steht und behauptet meine Kinder hätten vor die Tür gepinkelt): «They made pee pee?» Ich: «YES!»
Ich glaube ich war selten so aufgeregt, dass es mir wirklich die Sprache verschlug. Sie kam mit zur Eingangstür wo die beiden Jungs standen und es brach sofort ein Wortgefecht auf Italienisch aus. Ich verstand nur noch «stupido stupido»
Ja Mann, das war nicht nur stupido, das war ober-mega-kack-beziehungsweise-pipi-stupido!!!
Bevor ich noch irgendwas sagen konnte, meinte meine Nachbarin, dass sie es selbstverständlich putzen würde. Das war wohl das Mindeste.
Und dann tat sie mir doch ein bisschen leid, dass sie solche Kinder hatte. Ich denke sie ist keine schlechte Mutter und trotzdem hat die Erziehung irgendwie nicht dazu gereicht, die Jungs dazu zu bringen, zur Toilette zu gehen. Ich schüttle immer noch den Kopf und mir kommt nur ein Wort in den Sinn: Warum?

In diesem Sinne,
Katrin